Lösungsansätze für handlungsfähige und demokratische Kommunen gesucht.

Befragung gibt Einblick in die Herausforderungen und Belastungen, denen junge Bürgermeister*innen in Deutschland ausgesetzt sind

 

Der Bau von Kindertagesstätten, die Unterbringung Geflüchteter, der Ausbau des Breitbandnetzes oder die kommunale Wärmeplanung - die Beispiele ließen sich fortsetzen. Zahlreiche zusätzliche Aufgaben müssen bewältigt werden. Doch in vielen Kommunen stellt sich die Frage, wie diese Aufgaben, auch angesichts des unübersehbaren Fachkräftemangels, noch gemeistert werden sollen. 

 

Mitte August haben wir daher eine Umfrage unter den jungen Bürgermeister*innen unseres Netzwerks durchgeführt, um ihre Meinungen und Stimmungen zu erfassen. Binnen 36 Stunden haben sich 210 Teilnehmer*innen an diesem Stimmungsbarometer beteiligt. Die hohe Beteiligung an der Umfrage verdeutlicht das starke Interesse an dieser Thematik. Die Ergebnisse zeigen die vielschichtigen Aufgaben, die auf lokaler Ebene bewältigt werden müssen und bestätigen eine wachsende Überlastung in der kommunalen Politik.

 

74 % der befragten Bürgermeister*innen empfinden ihr Amt als Traumjob, jedoch sind nur noch 55 % der Meinung, dass sie aktuell mit diesem "Traumjob" zufrieden sind. Drei von vier jungen Bürgermeister*innen empfinden, dass sie an oder sogar über der Belastungsgrenze arbeiten. Ebenso viele geben an, dass ihre Verwaltungen überlastet sind. Diese Belastungen haben gefährliche Auswirkungen auf die Handlungsfähigkeit der Kommunen, und auf die Basis der demokratischen Strukturen vor Ort.

 

Zudem ist eine große Unzufriedenheit mit der politischen Arbeit auf Bundes- und Landesebene festzustellen. Sehr schlechte Bewertungen von Bundesregierung und Opposition zeigen die Diskrepanz zwischen den kommunalen Anforderungen und den wahrgenommenen politischen Leistungen von Bund und Ländern. 

 

Auf die Frage, welche Veränderungen notwendig sind, um die Arbeit als Bürgermeisterin oder Bürgermeister effektiver zu gestalten, nennen 61 % der Befragten Stichwörter aus dem Bereich "Bürokratieabbau, Föderalismusfolgen, Aufgabenzuwachs". Mehr als die Hälfte der Antworten betont die unzureichende finanzielle Ausstattung der Kommunen. Ebenfalls oft genannt werden der Wunsch nach einem größeren Gestaltungsspielraum für Bürgermeister*innen sowie eine bessere Personalausstattung (jeweils 17 %). Das Thema "Geflüchtete" spielt hingegen mit lediglich 2,5 % der Antworten eine untergeordnete Rolle. 

 

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte in seiner Videobotschaft zu unserer Jahreskonferenz im Juni 2023 betont: „Es ist gut, dass wir dabei auf ihr Tempo, ihre Ideen und ihr Engagement bauen können.“ Wir haben diese Einladung zum Dialog ernst genommen und uns mit den Ergebnissen unserer Umfrage direkt an Olaf Scholz gewandt, um gemeinsam Wege zu finden die lokale Demokratie und die Handlungsfähigkeit unserer Kommunen zu stärken. Das Bundeskanzleramt hat uns in seiner Antwort mitgeteilt, die „sehr interessanten Ergebnisse“ aufmerksam zur Kenntnis genommen zu haben. Bedauerlicherweise konnte man uns kein Gespräch anbieten, sondern hat unser Anliegen an das zuständige Bundesministerium des Innern und für Heimat abgegeben. Von dort erwarten wir nun weitere Nachricht.

  

 

Es geht uns mit der Befragung nicht darum, Medien Stoff für Berichte über einen handlungsunfähigen Staat zu liefern oder alte Verteilungskonflikte aufzuwärmen. Wir möchten versuchen, die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu stärken, um gemeinsam neue Ideen und Lösungsansätze für handlungsfähige und demokratische Kommunen zu entwickeln, um die vor uns liegenden großen Aufgaben bewältigen zu können.  


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