Portraits Ukrainischer Kommunen

Deutsche Städte und Gemeinden sollen verstärkt Partnerschaften mit Kommunen in der Ukraine eingehen. Das ist die Forderung von Melitopols jungem Bürgermeister in einem Namensbeitrag im Magazin der Jungen Bürgermeister*innen „WirKommunalen“. Iwan Fedorow zeigt sich überzeugt, dass die Zusammenarbeit auf der Ebene der Bürgermeister ukrainischer und europäischer Städte und Gemeinden entscheidend für den zukünftigen Wiederaufbau der Ukraine und ihrer Kommunen nach dem Krieg ist. Aber es geht ihm um mehr. „Heute geht es vor allem um Solidarität und Wiederaufbau, in Zukunft aber um gegenseitiges Interesse und fruchtbaren Austausch“.

 

Hier stellen sich einige Ukrainische Kommunen vor, die Interesse an einer Städtepartnerschaft haben. 

Balta, 34.117 Einwohner

Balta liegt am Ufer des Schwarzen Meeres in der Region Odessa im Süden der Ukraine, 218 km nordwestlich von Odessa. Die Gemeinde umfasst mehr als 30 ländliche Siedlungen. Die Wirtschaftsstruktur ist geprägt aus Landwirtschaft und Kleinunternehmen, die sehr unter der massiven russischen Aggression gegen die Ukraine gelitten haben.

 

Gewünschte Schwerpunkte der Zusammenarbeit: Bildung, Kultur, Medizin, Wohnungsbau und kommunale Dienstleistungen, Ökologie, Resilienz, Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen, psychische und physische Rehabilitation von Kriegskindern. 


Kalynivka, 20.000 Einw.

... darunter mehr als 2.000 Binnenvertriebene.

Kalynivka ist eine ländliche Gemeinde in der Region Kiew, die aus 15 Ortsteilen besteht. In der Gemeinde entsteht ein Industriepark mit 1.000 Arbeitsplätzen. Die Gemeinde ist stolz auf den kürzlichen Wiederaufbau eines zentralen Freizeit- und Erholungsparks mit Skatepark. Infolge russischer Raketenangriffe wurden 129 Objekte in der Gemeinde zerstört, darunter 4 Unternehmen.

 

 

Gewünschte Schwerpunkte der Zusammenarbeit:

Urbane Mobilitätsprojekte und Verbesserung der sozialen Infrastruktur.


Nowomoskowsk,      70.547 Einwohner

Nowomoskowsk ist eine historische Stadt, die von Kosaken in der Region Dnipropetrowsk am Ufer des linken Nebenflusses des Dnjepr, des Flusses Samara, gegründet wurde. Durch Nowomoskowsk führt die Route der sogenannten „Neuen Seidenstraße“, die den chinesischen Markt mit der EU verbindet. Ab dem 24. Februar 2022 wurde Novomoskovsk zur Frontstadt (100 km von der Front entfernt). Während der Feindseligkeiten hat Nowomoskowsk bereits mehr als 5.000 Flüchtlinge aus den Regionen Charkiw, Donezk und Luhansk aufgenommen.

 

Gewünschte Schwerpunkte der Zusammenarbeit:

Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur, Entwicklung lokaler Unternehmen; Humanitärer Bedarf: Gebrauchsausrüstung, humanitäre Hilfe für Binnenvertriebene.


Orzhytsya, 16.271 Einw.

Orzhytsya liegt im zentralen Teil der Ukraine in der Region Poltawa. Auf dem Gemeindegebiet gibt es viele historische, kulturelle und Naturdenkmäler, wie den der Nationalpark "Nizhnyosulskyi". Die Gemeinde arbeitet an der Schaffung touristischer Routen. Die Gemeinde ist ländlich, mit entwickelter Acker- und Viehzucht. Das größte lokale Unternehmen ist eine Molkerei. Während der ersten sechs Kriegsmonate durchquerten etwa 4.000 Flüchtlinge die Gemeinde. Eine große Herausforderung für die Gemeinde ist die Vorbereitung auf die kommende Heizsaison.

 

Gewünschte Schwerpunkte der Zusammenarbeit:

Alternative Energie, Hausmüllentsorgung, Tourismus, landwirtschaftliche Entwicklung, Investitionsanziehung, Verwaltung der kommunalen Infrastruktur 


Pervomajskyi,            29.256 Einwohner

Die Gemeinde ist überwiegend städtisch geprägt. Das Gemeindegebiet besteht aus einer Kernstadt und 8 dicht beieinander liegenden Dörfern. Pervomajskyi ist eine der jüngsten ukrainischen Städte im zentralen Teil der Region Charkiw. In den ersten Tagen des Angriffs der russischen Invasoren wurde die Gemeinde zu einem Zufluchtsort und humanitären Zentrum für mehr als 11.000 Binnenvertriebene aus nahe gelegenen Bezirken und Regionen. Eine aktive Bürgerschaft führt seit über 10 Jahren erfolgreich regionale, nationale und internationale Projekte durch und entwickelt Partnerschaften mit Gemeinden in der Ukraine und im Ausland.

 

Gewünschte Schwerpunkte der Zusammenarbeit:

 Wirtschaftsförderung, Energieeffizienz, Jugendförderung, soziale Absicherung, Entwicklung von Veranstaltungs- und Eventtourismus, inkl. Erstellen von Fahrradrouten, Organisation von Familienfesten usw. 

Gewünschte Schwerpunkte der Zusammenarbeit:

Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur, Entwicklung lokaler Unternehmen; Humanitärer Bedarf: Gebrauchsausrüstung, humanitäre Hilfe für Binnenvertriebene.


Pokrowsk, 82.388 Einw.

Die Gemeinde liegt im westlichen Teil der Region Donezk und hat 40 Ortsteile. Seit 2014 wurden 17.704 Binnenvertriebene in der Gemeinde registriert, und beim Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 weitere 3.150. Die Grundlage der Wirtschaft der Industriestadt wird durch Bergbau, Maschinenbau, Metallproduktion, Lebensmittelindustrie und andere Industrien bestimmt. Auch der Agrarsektor ist von großer Bedeutung. Die Gemeinde Pokrowsk liegt 40 km von der aktuellen Frontlinie entfernt. Seit Beginn der großangelegten Invasion russischer Truppen wurde die Gemeinde 16 Mal vom Feind beschossen.

 

Gewünschte Schwerpunkte der Zusammenarbeit:

Entwicklung der Wasserversorgungsinfrastruktur, Entwicklung von kommunalen Dienstleistungen, Wohnungsbau, Wirtschaftsförderung kleiner und mittlerer Unternehmen, Ökologie und Übergang zu erneuerbaren Energiequellen.


Smidyn, 4168 Einwohner

Eines der größten und ältesten Dörfer in der Region Wolyn, dessen Geschichte eng mit der Geschichte des Großherzogtums Litauen verflochten ist. Die am weitesten entwickelte Industrie ist die Landwirtschaft, insbesondere der Anbau von Weizen, Mais, Sonnenblumen, Raps, Buchweizen, Himbeeren, Erdbeeren sowie Heilkräutern. Ein wichtiges Ziel der Gemeinde ist es, diese landwirtschaftlichen Produkte auch vor Ort zu verarbeiten. Weitere Schwerpunkte der Arbeit der Kommune sind Kultur und Brauchtunspflege. "Smidinska-Kohl" ist ein authentisches lokales Gericht, das in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Ukraine aufgenommen wurde. Es gab keine militärischen Aktionen in der Gemeinde, aber seit den ersten Tagen der russischen Invasion wurden in der Gemeinde zahlreiche Binnenvertriebene aufgenommen.

 

Gewünschte Schwerpunkte der Zusammenarbeit:

Entwicklung der Landwirtschaft, Abfallentsorgung, Medizin.


Sosnyzja, 15.499 Einw.

Die Gemeinde umfasst 41 Ortsteile. Sosnyzja, das Zentrum der Gemeinde, liegt 90 Kilometer östlich von Tschernihiw, eine geschichtlich wichtige ukrainische Stadt, die erstmals 1234 erwähnt wurde. 55 % der Gemeindebevölkerung leben auf dem Land. Sosnytsia ist der Geburtsort des ukrainischen Filmemachers Oleksandr Dovzhenko.

Landwirtschaftliche Produktion und die Holz-verarbeitung dominieren die lokale Wirtschaft, aber auch ein High-Tech-Unternehmen zur Herstellung von Logistiklagersystemen ist hier ansässig.

 

Gewünschte Schwerpunkte der Zusammenarbeit:

Energieeffizienz, Verwaltung von Versorgungsunternehmen, Verwaltung kritischer Infrastrukturen und Energieanlagen, Verbesserung der medizinischen Versorgung und lokale Wirtschaftsentwicklung.


Trostjanez, 7991 Einw.

Trostjanez ist eine ländliche Gemeinde, 30 km von der Millionenstadt Lemberg in der Westukraine entfernt. Es besteht aus 17 Siedlungen. Es ist unglaublich, dass neben einer Stadt mit fast einer Million Einwohnern uralte Buchenwälder erhalten geblieben sind. Neben malerischen Landschaften, Hügeln und Stauseen finden sich hier prähistorische Grabhügel, verlassene Dörfer und antike Baudenkmäler. In den letzten Jahren haben sich Gemeinde, Wirtschaft und eine aktive Bürgerschaft das gemeinsame Ziel der touristischen Entwicklung auf die Fahnen geschrieben. Ferienwohnungen Hotels, eine Ranch sowie ein Skigebiet bieten Möglichkeiten für aktive Erholung. Darüber hinaus gibt es eine gute Infrastruktur für die Organisation von Konferenzen. Außerdem arbeiten hier zahlreiche Landwirte – vom Biobauern bis zur industriellen Landwirtschaft. Auf dem Gebiet der Gemeinde gibt es auch Sand- und Kalksteinvorkommen sowie Steinbrüche.

 

Gewünschte Schwerpunkte der Zusammenarbeit:
soziale Unterstützung von Binnenvertriebenen, Umweltschutz, Bildung, Entwicklung der Landwirtschaft und des Unternehmertums, Steigerung der Investitionsattraktivität. 


Tschortkiw, 36.561 Einw.

Tschortkiw ist eine Stadt mit mehr als 500-jähriger Geschichte in der Region Ternopil im Westen der Ukraine. Die Landwirtschaft bildet die Grundlage der lokalen Wirtschaft. Die ansässigen Agrarunternehmen gehören nicht nur in der Region, sondern auch in der Ukraine zu den führenden Unternehmen der Branche. Die Kommune plant die Schaffung eines Industrieparks „Chortkiv-West“ mit einer Fläche von 87.684 Hektar. Seit Beginn der bewaffneten Aggression der Russischen Föderation hat Tschortkiw 3.200 Binnenvertriebene aufgenommen. Im Juni 2022 war die Gemeinde einem Raketenbeschuss ausgesetzt. Die Zusammenarbeit mit Partnerstädten in der Ukraine und in Europa sollen aktiv entwickelt werden.

 

Gewünschte Schwerpunkte der Zusammenarbeit:

Gewinnung von Investitionen, Bildung, Gesundheitswesen, Kultur, Tourismus. 


Wasylkiw, 45.864  Einw.

Eine der ältesten ukrainischen Städte, gegründet von Prinz Wolodymyr dem Großen. Die Gemeinde hat gute Verkehrsverbindungen in die Hauptstadt Kiew. Die Stadt arbeitet viel zum Thema Menschenrechte. Es gibt eine Gemeinschaftseinrichtung für Opfer häuslicher Gewalt, auf die eine Gemeinde stolz ist. Seit Beginn der russischen Invasion war Wasylkiw aufgrund seiner strategischen Bedeutung und Nähe zu Kiew eines der Epizentren von Luftangriffen und Raketenbeschuss. Die Ukrainer konnten die Stadt erfolgreich verteidigten und so verhindern, dass die Hauptstadt umzingelt wurde.

 

Gewünschte Schwerpunkte der Zusammenarbeit:

Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Verbesserung der Qualität kommunaler Dienstleistungen, ausgewogene Raumentwicklung; Entwicklung des Tourismus.